Jeder Mensch hat Bedürfnisse und strebt nach deren Befriedigung. Ein elementares Grundbedürfnis des Menschen ist Bindung. Sie entsteht bereits vorgeburtlich. Das Baby/ Kind ist auf Bindung angewiesen. Eine sichere Bindung zu einer oder mehreren Hauptbezugsperson(en) ermöglicht ein sicheres Aufwachsen.
Die Bedürfnisorientierte (BO) Pädagogik zielt u.a. darauf ab, Formen des gleichwertigen Miteinanders in Familien, Kindergärten, Schulen und anderen Institutionen zu etablieren. Adultismus und andere die Vergangenheit prägende Machtmechanismen erwachsener Menschen Kindern gegenüber haben viele Jahre eine bestimmte Gesinnung in der Erziehung geprägt. Die Würde des Kindes wurde hierbei missachtet. BO Pädagogik spricht dem Kind Würde zu. Handlungen des Kindes werden im Kontext seiner Bedürfnisse gesehen und erfahren dadurch ein anderes Verständnis. Es geht um Gleichwürdigkeit.
Besonders interessant wird die BO Pädagogik meines Erachtens im gemeinschaftlichen Zusammensein, wo unterschiedliche Bedürfnisse von Menschen aufeinander treffen und Beachtung verlangen. Denn die Bedürfnisse der Erwachsenen sind ebenfalls wichtig.
Es geht zunächst darum, Bedürfnisse zu sehen, zu benennen und ggf. Lösungen zu finden. Es geht nicht darum, alle Bedürfnisse zu erfüllen. Diese Prozesse lassen Gefühle aufkommen, die eine zugewandte Begleitung brauchen und diese ernst nehmen.

Werden die Bedürfnisse aller Familienmitglieder* gesehen, so entsteht eine andere Beziehung, als wenn dies nicht der Fall ist. Eine bedürfnisorientierte Familie lässt allen Raum sich zu zeigen, gesehen zu werden und eröffnet Verständnis füreinander.
Die Beziehungsqualität macht das Zusammensein aus und bestimmt unser alltägliches Leben miteinander.
Menschlichkeit finde ich an dieser Stelle ganz wichtig zu betonen. Dein Kind darf dich menschlich erleben: in deinen Versuchen, deinem Scheitern, deinem Erfolg, mit all deinen dazugehörigen Gefühlen. Verschiedene Bedürfnisse unter einen Hut zu kriegen ist Jonglage. Dabei fällt immer mal ein Ball oder es fallen gleich mehrere Bälle herunter. Die Frage ist, wie gehen wir damit um.

Sollte der Start in die gemeinsame Zeit schwer gewesen sein, ist es nicht zu spät für eine solide Beziehung, für sicheren Bindungsaufbau und bedürfnisorientierte Familienwege.
Weiterführende Literatur zu finden bei: Kathrin Hohmann, Inke Hummel, Nora Imlau, Jesper Juul, Herbert Renz Polster, Katharina Saalfrank, Lea Wedewardt u.a.
*da ich mich primär mit Familien beschäftige, beziehe ich mich in diesem Text auf diese und benenne nicht die Personen im institutionellen Kontext, wobei der Transfer hier natürlich gegeben ist

Wie sich bedürfnisorientierte Pädagogik in meinen Kursen zeigt
Ich sehe Verhalten im Kontext der persönlichen Erfahrungen und Gegebenheiten. Verhalten macht deshalb immer einen Sinn für mich. Genau das interessiert mich.
In meinen Kursen ist mir ein achtsamer und wertschätzender Umgang, der von gegenseitigem Verständnis getragen wird, wichtig. Ich bin davon überzeugt, dass Familien- und Gesellschaftsleben anders werden kann, wenn Familien in dieser sensiblen Phase eine bedürfnisorientierte, sie als Familie sehende und stärkende Begleitung erfahren.